Der Verhaltensaufwand, der durch den Austausch mit den Menschen
der Umgebung bewirkt wird, heißt Kulturaufwand. Die Vereinigung
aller dieser Verhaltensweisen über alle Individuen einer
Population heißt Kultur der Population.
Der Verhaltensaufwand, der durch den Austausch mit der Umgebung
ohne die Menschen bewirkt wird, heißt Technologieaufwand.
Die Vereinigung aller dieser Verhaltensweisen über alle
Individuen einer Population heißt Technologie der Population.
Die Vereinigung von Kultur und Technologie heißt Zivilisation
der Population.
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* Zivilisation = Kultur + Technologie *
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Der Verhaltensaufwand für den unmittelbaren Austausch mit der
Umgebung, wie z. B. Essen und Ausscheiden ist nur ein Bruchteil
des gesamten Verhaltensaufwandes. Der größte Anteil des
Verhaltensaufwandes wird heute auf mittelbare Prozesse zur
Nahrungsgewinnung verwendet, nämlich auf zuvilisatorische,
zusammengesetzt aus Kultur und Technologie.
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* Die Zivilisation einer Population, zusammengesetzt aus Kultur *
* und Technologie, macht ihr Materie, Energie und Information *
* aus ihrer Umgebung verfügbar. *
* Kultur und Technologie werden dabei so organisiert, dass der *
* Gesamtaufwand für eine Population minimiert wird. *
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* Die Zivilisation einer Population, zusammengesetzt aus Kultur *
* und Technologie, ist ein System, um Materie, Energie und *
* Information aus der Umgebung des Menschen für den Menschen *
* effizienter zu nutzen. *
* Die Zivilisation wirkt dabei auf die wesentlichen Komponenten *
* der menschlichen Umgebung, nämlich auf: *
* - Grundverbrauch, *
* - Verhaltensverbrauch, *
* - maximale Nahrungsdichte, *
* - Regenerationsrate, *
* - Bevölkerungszahl, *
* - Ressourcengewinnung. *
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* Die Technologie wirkt auf den Grundverbrauch *
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Die Technologie wirkt auf den Grundverbrauch der Individuen
und damit auf den Grundverbrauch einer Population. Dies geschieht
z. B. durch die Herstellung von Kleidung und Häusern. Dies
bewirkt, dass der Grundverbrauch auch bei niedrigen Temperaturen
niedrig gehalten wird.
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* Die Kultur wirkt auf den Grundverbrauch *
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Die Kultur optimiert die Energieausnutzung weiter: dadurch, dass
mehrere Leute in einem Haus, an einer Feuerstelle leben, früher
in einem Bett schliefen, praktizieren sie Nähe, d.h. sie
tauschen Information der Nähe aus, und nutzen dadurch Haus,
Feuerstelle, Körperwärme und die sonstigen Dinge besser, die zur
Senkung des Grundbedarfs beitragen. Im Extremfall könnten viele
Menschen in einem kleinen Raum selbst im Winter zu dessen
Erwärmung beitragen.
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* Die Technologie wirkt auf den Verhaltensverbrauch *
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Durch den Einsatz von Jagdwaffen braucht ein Jäger seiner Beute
nicht mehr hinterherzulaufen; er kann ihr jetzt an geeigneter
Stelle auflauern. Außerdem erjagt er häufiger große und fette
statt kranker, dürrer und kleiner Beute. Später ersparte
er sich durch die Haltung von Vieh auch die Suche nach Jagdbeute.
Durch den Anbau von Getreide wurde der Ernteaufwand geringer.
Durch Maschinen und Transportmittel wird der körperliche Energie-
aufwand gemindert und die Mühsal verringert. Durch Gesetze wird
vermieden, dass Individuen ihre Mühsal auf Kosten anderer
verringern, genauer, dass die Verringerung der Mühsal eines
Teiles nicht zur Erhöhung der Mühsal des Gesamten führt. Gesetze
sind ein technisches Hilfsmittel zur Steuerung und Veränderung
der Kultur. Sie regeln den Austausch zwischen dem Individuum und
den übrigen Individuen einer Population mit dem Ziel, den
Gesamtaufwand zu minimieren.
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* Die Kultur wirkt auf den Verhaltensverbrauch *
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Durch gemeinschaftliche Jagd wird Jagd erfolgreicher, die Mühsal
geringer. Durch Arbeitsteilung und Spezialisierung wird durch
zunehmende Erfahrung im jeweiligen Spezialgebiet die Mühsal
der gesamten Population und damit für jeden Einzelnen geringer.
Durch Einüben und Einhalten von Gesetzen geht das
Zusammenleben reibungsloser vonstatten. Das eigene Handeln läßt
sich längerfristig planen und Entscheidungen müssen seltener
revidiert werden und der Geist braucht keine Fertigkeiten
zur Praktizierung des Faustrechts zu entwickeln und
bereitzuhalten, sondern er kann sich voll auf Technologisches
konzentrieren.
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* Die Technologie wirkt auf die Nahrungsdichte *
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Direkte Beispiele dafür sind Getreidefelder und Viehherden. Mit
der Verwendung von Jagdwaffen war die Erbeutung größerer und
schnellerer Tiere möglich, die ansonsten als Jagdbeute überhaupt
nicht in Betracht kamen. Diese zusätzlich jagbare Beute kann von
dem Zeitpunkt an der aktuellen Nahrungsdichte hinzugeschlagen
werden.
Düngemittel erhöhen die Nahrungsdichte einer Anbaufläche
direkt. Die Weizenerträge ungedüngter kanadischer Weizenfelder
liegen bei 5 dz/ha, während hier in Mitteleuropa der ha-Ertrag
durch Einsatz von Düngemitteln auf über 40 dz gesteigert werden
konnte.
Die gleiche Wirkung hat der Einsatz von Schädlings-
bekämpfungsmitteln. Die Ertragsminderung durch Schädlingsbefall
reduziert sich, der Ertrag bleibt höher. Die Zuhilfenahme von
Maschinen zur Feldbestellung ermöglicht die Urbarmachung auch
schlechterer Böden und erhöht auf diese Weise die Anbaufläche
einer Umgebung und damit wieder die Nahrungsdichte. Außerdem
können durch Tiefpflügen bei schlechteren Böden dem Anbau mehr
Nährstoffe verfügbar gemacht werden, was zu einer weiteren
Erhöhung der Nahrungsdichte einer Umgebung beiträgt. Durch
Gewächshäuser wird man von Wetter und Klima unabhängiger und kann
dadurch auch in gemäßigten Breiten mehrere Ernten einbringen.
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* Die Kultur wirkt auf die Nahrungsdichte *
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Eine Kulturerscheinung ist die Aufteilung einer Population in
Stadt- und Landbevölkerung. Dadurch unterblieb die Zersiedlung
der Landschaft weitestgehend. Es sind dadurch relativ große
zusammenhängende Anbauflächen möglich, die den effizienten
Einsatz großer Landmaschinen unterstützen.
In der Vergangenheit wurde durch Fehler in der Erbgesetzgebung
in einigen Landstrichen die Zerstückelung der Anbaufläche in
kleine und kleinste Parzellen verursacht. Dies verhinderte
natürlich den effizienten Einsatz von Landmaschinen. Mit den
Gesetzen zur Flurbereinigung wurde dieses Manko behoben.
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* Die Technologie wirkt auf die Regenerationsrate *
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Beispiele: Viehzucht durch gezielte Zuchtauswahl. So liefert eine
Milchkuh heutzutage bis zu 5000 Liter Milch per Annum, während
eine Wildkuh kaum über 1000 l/a kommen dürfte. Eine Legehenne
liefert heutzutage bis zu 240 Eier per Annum, während es ihre
naturbelassenen Artgenossen wahrscheinlich auf nicht mehr als
12 Eier/a bringen. Eine Weizenähre trug zur Zeit des römischen
Kaisers Augustus nur halb so viele Körner, wie heute. Diese
Entwicklung war erst durch die Erkenntnis der Vererbungsgesetze
möglich, ein technisches System. Diese und ähnliche Erkenntnisse
können kontinuierlich nur dann gemacht werden, wenn ein
effizientes Ausbildungssystem vorhanden ist:
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* Die Kultur wirkt auf die Regenerationsrate *
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Nur ein effizientes Ausbildungssystem gwährleistet, daß das Rad
nicht jedesmal neu erfunden werden muß. Und dies ist ja per
Definitionem wieder eine Kulturleistung, nämlich Austausch von
Information zwischen Lehrer und Schülern. Dieses Lehren und
Lernen ist aber auch auf niedrigen Kulturstufen vorhanden. Da
besteht es eben nur aus dem Abgucken, hervorgerufen durch
natürliche Neugier.
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* Die Technologie wirkt auf die Bevölkerungszahl *
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Dies geschieht z. B. durch die Erkenntnis des Fortpflanzungs-
vorganges oder durch den Einsatz medizinischer Theorien zur
Gesunderhaltung einer Population.
Aus dem ersten ergeben sich Methoden zur Geburtenkontrolle,
aus dem zweiten Methoden zur Verlängerung des Lebens.
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* Die Kultur wirkt auf die Bevölkerungszahl *
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Die Kultur hat im Laufe der Menschheitsgeschichte verschiedenene
Methoden entwickelt, um die Bevölkerungszahl einer Population zu
beeinflussen. Diese Mathoden haben alle eine gemeinsame
Komponente, nämlich die geschriebenen und ungeschriebenen
Gesetze, die das menschliche Zusammenleben regeln. So durften
im Mittelalter nur dann Famiien gegründet werden, wenn auch
die materielle Grundlage dafür vorhanden war. Ein Handwerker
durfte z. B. nur dann heiraten, wenn ihm seine Zunft einen
Betrieb zugeteilt hatte. Die Zeugung unehelicher Kinder war
ganz fürchterlich geächtet, und führte dazu, dass Frauen ihre
unehelichen Neugeborenen sogar aussetzten. Bei den Germanen war
es Brauch, dass ein Neugeborenes, das vom Vater nicht akzeptiert
wurde, ausgesetzt wurde. Sowohl die Eskimos als auch die Lappen
haben ihre Alten, wenn sie zur Belastung wurden, in der Wildnis
zurückgelassen oder gar getötet. Unsere heutige Gesellschaft
macht ihren Alten das Leben teilweise so unerträglich, dass viele
von ihnen wohl viel früher sterben, als es unter anderen Voraus-
setzungen notwendig wäre. Eine dieser Kulturerscheinungen ist der
Übergang zur Kleinfamilie und die damit verbundene Vereinsamung
der Alten. Das damit verbundene Gefühl der faktischen
Deplaziertheit läßt bei vielen dann den Lebenswillen schneller
erlahmen und führt bei Erkrankungen dann mit höherer Wahr-
scheinlichkeit zum Tod. Eine weitere Erscheinung ist das
Abdrängen in Altenghettos bzw. Altenheime. Dies führt im
Allgemeinen durch Anpassung und Fehlen junger Eindrücke zu
schnellerem geistigen und seelischen Altern mit der
dazugehörenden Erlahmung des Lebenswillens und den oben erwähnten
Folgen.
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* Die Technologie wirkt auf die Nutzung von Ressoucen *
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Ursprünglich praktizierte man nur Techniken zur Holz-, Fell- und
Knochenbearbeitung und zur Bereitstellung der dazugehörnden
Werkzeuge. Der Aufwand hierfür machte nur einen Bruchteil des
gesamten Verhaltensaufwandes aus. Im Laufe der Zeit wurden auch
immer mehr nicht-regenerierbare Ressourcen wie Kohle, Erdöl,
Erze und andere Mineralien genutzt. Heute macht der Aufwand zu
ihrer Gewinnnung ein Vielfaches dessen aus, was zur eigentlichen
und unmittelbaren Nahrungsgewinnung aufgewendet werden muß.
Dieser Aufwand in Form von Energie wird aber bis auf einen
kleinen Bruchteil heute durch die Ressourcen selbst abgedeckt.
Trotzdem besteht auch heute der weitaus größere Anteil am
Verhaltensaufwand in Verhaltensweisen, die die Technologie
mittelbar oder unmittelbar bereitstellen. Dies ist der Grund
dafür, dass man heute leicht übersieht, dass jegliche
Ressourcennutzung letztendlich nur zur Unterstützung der
mittelbaren oder unmittelbaren Nahrungsgewinnung dient.
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* Die Kultur wirkt auf die Nutzung von Ressoucen *
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Zur Anwendung von Technologie bedarf es Systeme, nämlich Wissen-
schaften, deren Strukturen wir nicht mehr allein durch eigene
Anschauung aus der Umwelt gewinnen können. Wenn jedes
Individuum das Wissen unserer Wissenschaften neu erarbeiten
müßte, so würde ein Menschenleben nicht hinreichen, um es
verfügbar bzu machen. Man bedenke z. B., dass manche heute
verwendete Theorie mehrere Forschergenerationen benötigte, um
ihren heutigen Stand zu erreichen. Um in dieser Beziehung
effizienter zu werden, haben höherzivilisierte Populationen
den systematischen Informationsaustausch zwischen den
Generationen eingerichtet, Bildungssystem genannt. Ein
Bildungssystem ist also kein Instrument, um einem irgendwie
gearteten Bildungsideal Genüge zu tun, sondern die einzige
bekannte Möglichkeit, eine Hochzivilisation aufrecht zu erhalten.
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* Die Praktizierung einer bestimmten *
* Zivilisation = Technologie + Kultur ist ab einer bestimmten *
* Bevölkerungsdichte ein Sachzwang. Dieser Sachzwang kann nicht *
* abgewendet werden, wenn nicht gleichzeitig die *
* Bevölkerungszahl einer Umgebung reduziert wird. Technologie *
* als auch Kultur sind dann absolut notwendig, um die *
* Nahrungsversorgung einer Population aufrechtzuerhalten. *
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Bislang ist vornehmlich die Mühsalskomponente von Zivilisation
( = Kultur + Technologie ) betrachtet worden. Die
Genußkomponente hat aber für die Existenz einer Population die
gleiche Bedeutung wie sie die Redundanz für die Informations-
verarbeitung hat. Dieses wird später bei der Betrachtung ganzer
Populationen deutlich werden.
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* Technologie als auch Kultur haben eine Mühsals- als auch eine *
* Genußkomponente. *
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Die Mühsalskomponente der Technologie besteht z. B. in der
Bereitstellung von Ackerbaugeräten, Ställen, Wohnhäuser,
Maschinen, Theorien mittelbaren oder unmittelbaren Nahrungs,
gewinnung, Gesetzesregeln, während die Genußkomponente der
Technologie Dinge wie Luxusauto, Perlenzucht, Tennisschläger,
elektronische Spiele, Stereoanlage usw. bereitstellt, kurz,
alles, was Spaß macht.
Die Mühsalskomponente der Kultur besteht z. B. aus allen
Organisationsvorgängen zur mittelbaren oder unmittelbaren
Nahrungsgewinnung, umfaßt also alle staatlichen und
unternehmerischen Organisationsvorgänge, als da sind:
Spezialisierung, Kommunikation, Kooperation, Führungsverhalten.
Außerdem gehören der Informationsaustausch in Schule,
Universität, allgemein im Bildungssystem dazu.
Die Genußkomponente der Kultur umfaßt alles, was mit gemeinsamem
Spiel, Spaß und Freude zu tun hat: Musik, bildende Künste,
Literatur. Es ist der Austausch von Materie, Energie und
Information zwischen Menschen um des Genusses Willen.
Da der Verhaltensverbrauch ein Maximum hat, sinkt der Spielraum
für Genuß mit steigender Mühsal. Andererseits nehmen die
Genußmöglichkeiten mit sinkender Mühsal zu.
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* Der Mensch strebt danach, seine Mühsal zu minimieren und *
* seine Genüsse zu maximieren. *
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Je größer der Nahrungsüberfluß einer Umgebung, desto höher die
die Genußsucht und die Möglichkeiten dazu. Sie gerät dann
zuweilen sogar zu Wettbewerb und Konkurrenz. Das wohl
auffälligste Beispiel aus der jüngeren Menschheitsgeschichte
dazu sind wohl Luxus und Intrige am Hof des Sonnenkönigs
Ludwig XIV. von Frankreich. Die bekanntesten Genüsse in unserer
Zeit sind Urlaub, Sport, Medien, schöne Kleidung. Eine
unangenehmere Begleiterscheinung ist Drogengenuß mit teilweiser
Sucht- und Todesgefahr.
Ist der Mensch versorgt und abgesichert, dann ist sein Handeln
zunehmend auf die Befriedigung seiner Sinne gerichtet, auf
Genüsse.
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